Ende der Kreidezeit: Schüler der Gesamtschule Fröndenberg lernen am Bildschirm

Ende der Kreidezeit: Schüler der Gesamtschule Fröndenberg lernen am Bildschirm

Etwas mit neuen Medien und über neue Medien lernen – an der Gesamtschule in Fröndenberg geht das Hand in Hand. Bereits seit vielen Jahren gibt es die Möglichkeit, zum Schulstart an der GSF das Profil I-Pad zu wählen. Bis zum Schuljahr 2012/13 wurde mit Notebooks gearbeitet. Im Zuge des Gesamtschulumbaus ist dieses Schuljahr der erste „Cluster“ genannte abgeschlossene Jahrgangsstufenbereich fertig geworden, der Bau des zweiten Clusters hat begonnen. Damit wird die alte Kreidetafel Schritt für Schritt aus dem Schulbetrieb verschwinden.

Fehlende Wasseranschlüsse sind nur ein Grund für die neuen Tafeln

„In den neuen Räumen gibt es keinen Wasseranschluss“, nennt Schulleiter Klaus der Vries einen ganz pragmatischen Grund für die elektronischen Tafeln, für die auch der feuchte Schwamm nicht mehr nötig ist. „Ach, das kann man so nicht sagen, sie sind selbstverständlich Teil des Medienentwicklungsplans der Stadt“, scherzt Dietmar Lerch von der Stadtverwaltung. Vorrangig ging es darum, die GSF noch schneller und besser ins digitale Zeitalter zu führen. „Im Vergleich zu anderen Schulen waren wir da schon immer gut aufgestellt“, sagt Klaus de Vries mit Blick auf seine I-Pad-Klassen. In einigen Räumen habe es bereits ein Vorgängermodell der neuen elektronischen Tafeln gegeben.

„Das ist hochkomplexe Technik!“
SCHULLEITER KLAUS DE VRIES

Neue Tafeln erinnern an Monitore in einem OP

Die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschle haben sich schnell an die neue Technik gewöhnt. Gelernt wird jetzt an I-Pad und elektronicher Tafel. © Hornung

Im ersten fertigen Jahrgangsbereich wird derweil fleißig gelernt. Noch sind die Wände weiß, es riecht „neu“ und die Unterrichtsräume wirken fast steril. Durch die verglasten Türen kann man die Tafeln der Zukunft vom Flur aus sehen. Während sich Schülerinnen und Schüler bereits daran gewöhnt haben, wirken sie für diejenigen, die noch an einer Kreidetafel das Einmaleins gelernt haben, mit ihrer Verkabelung wie Monitore in einem OP.

Ich finde, dass die Ausstattung benutzerfreundlich ist, wir kennen und ja damit aus und wurden gut eingewiesen.“
LENNART BECKER (18), SCHÜLER

I-Pads sind mit der Tafel synchronisiert

Johanna Pohl unterrichtet gerade einen Leistungskurs Geschichte. Alle Schülerinnen und Schüler haben ein I-Pad aus dem I-Pad-Koffer vor sich auf dem Tisch aufgestellt. Das Gerät ist mit der Tafel verbunden. So können die Schüler zum Beispiel ihre Hausaufgaben abfotografieren und direkt an die Tafel projizieren. Lehrer können in der Ansicht blättern. Tafelbilder aus den vergangenen Stunden und Wochen sind immer wieder abrufbar. Genauso wie Lernvideos, die Schüler selbst erstellt haben. Aufstehen und an der Tafel etwas zeigen, müssen Schüler nach wie vor. Mit einem Stift oder dem Finger können sie auf dem Touch-Screen zeichnen und schreiben wie mit einem Stück Kreide.

Ein Medienschrank, wie ihn viele noch aus der Schulzeit kennen, gehört bald der Vergangenheit an. Filme werden auf den neuen Tafeln entweder direkt im weltweiten Netz geschaut – oder die Lehrerinnen und Lehrer schließen per USB ein Speichermedium an. „Nach wie vor rechnen die Schülerinnen und Schüler auch Aufgaben im Heft“, erklärt Mathelehrerin Annegret Brehmen-Baumann, die auch den Bereich Medienpädagogik an der Gesamtschule koordiniert.

Verbindungen und Zusammenhänge sind gut zu visualisieren

Eines ist an der Schule der Zukunft gleich geblieben: Mit dem Klingeln endet der Unterricht. Sie solle doch noch schnell mit „AirDrop das Tafelbild und die Aufgaben an alle senden, fordert der Leistungskurs Geschichte seine Lehrerin auf. AirDrop ist ein System von Apple, mit dem Fotos, Videos und Dokumente sofort mit anderen Apple-Geräten in der Nähe geteilt werden können.

„Ich finde, dass die Ausstattung benutzerfreundlich ist, wir kennen uns ja damit aus und wurden gut eingewiesen“, sagt Lennart Becker (18). Gerade im Geschichtsunterricht seien die neuen Möglichkeiten, Tafelbilder zu erstellen, sehr gut, ergänzt Mitschülerin Lilly Hachmann (18). Denn so könne man die Verbindungen und Zusammenhänge schnell verstehen – und hat alles direkt visualisiert. Maurice Vieler (19) hatte Bedenken, dass das Internet nicht gut genug läuft, und er befürchtete, dass sich die Schülerinnen und Schüler in die neuen Anwendungen erst einlesen müssen.

Anfängliche Bedenken haben sich zerstreut

Doch die Bedenken haben sich zerstreut. Die neuen Programme bereiteten kaum Probleme. Und inzwischen ist die Gesamtschule auch mit schnellem Internet ausgestattet. Wer denkt, es genüge, den Stecker einzustecken und schon sei eine Schule derart ausgestattet, irre allerdings, so Schulleiter Klaus de Vries. „Das ist hochkomplexe Technik“, sagt er. Das W-Lan müsse an der Schule bis in den letzten Winkel gut ausgeleuchtet sein, damit alles stabil läuft.

Kosten

Billig ist die neue Technik für die Gesamtschule nicht. Etwa 5000 Euro kostet eine der elektronischen Tafeln, mit denen Schritt für Schritt die gesamte Schule ausgestattet werden soll. Ein I-Pad-Koffer, der für Klassen ohne I-Pad-Profil und die Oberstufe genutzt werden kann, kostet 8000 Euro. Die Stadt möchte weitere I-Pad-Koffer anschaffen, lässt Schulleiter Klaus de Vries vorausblicken.

Wo es moderne Technik gibt – und Neue Medien, die vor allem auf dem Internet fußen, da gibt es nicht nur viele Probleme, sondern auch Gefahren und Missbrauch. Das wurde zuletzt deutlich, als Schulleiter Klaus de Vries das Phänomen „Sexting“ an der Gesamtschule öffentlich machte. An der GSF wird aus diesem Grund nicht nur neue Technik vorgehalten – der korrekte Umgang damit wird in den Unterricht eingebunden. Lehrerin Annegret Brehmen-Baumann leitet die Projektgruppe digitaler Unterricht. Alle Schulen seien aufgerufen, einen Plan zu erarbeiten, wie das Thema Medienkompetenz im Unterricht verfolgt wird, sagt sie. Fachübergreifend wurde abgesprochen, welche Kompetenzen in welchem Jahrgang und welchen Unterrichtsstunden vermittelt werden. Auf dem Stundenplan stehen Fähigkeiten aus den Bereichen Bedienen und Anwenden, Informieren und Recherchieren, Kommunizieren und Kooperieren, Produzieren und Präsentieren, Analysieren und Reflektieren, Problemlösen und Modellieren. Konkret geht es etwa um die Recherche im Netz, um Cybergewalt und -kriminalität, um digitale Werkzeuge und Datenorganisation sowie Medienanalyse und Meinungsbildung. „Das passiert nicht zufällig“, erklärt Schulleiter Klaus de Vries die Miedienpädagogik. „Es steckt ein Konzept dahinter.“

(Hellweger Anzeiger, vom 22.03.2019)

digitales Lernen, Digitalisierung, Jahrgangscluster, Sanierung
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