Deutsch-Analyse mit ChatGPT Wie die Fröndenberger Gesamtschule KI im Unterricht nutzt

„Künstliche Intelligenz wird verändern, was wir heute unter ‚Wissen‘ verstehen“, sagt Verena Verspohl, die Rektorin der Gesamtschule Fröndenberg. In dieser Woche gab es an ihrer Schule einen großen Schulungstag zum Thema KI.

Experten von der Ruhr-Universität in Bochum haben dabei über Anwendungsmöglichkeiten für Lehrer, aber auch für Schüler informiert. Bereits jetzt ist das Thema im Schulalltag angekommen.

Text-basierte Tools, wie das wohl bekannteste „ChatGPT“, können zum Beispiel aus einer Reihe an Notizen einen Unterrichtsentwurf erstellen. „Das muss natürlich immer noch von Menschen kontrolliert und darf nicht blind übernommen werden“, so Verspohl. Es gibt auch schon ähnliche Tools, die auf die schulische Lehre spezialisiert seien, wie „Fobizz“ von einem deutschen Start-up.

Analytischen Fähigkeiten schärfen

„In meinem Oberstufen-Deutsch-GK lesen wir gerade Woyzeck und probieren aus, ihn gemeinsam mit ChatGPT zu analysieren“, berichtet Verspohl. „ChatGPT kann gut nacherzählen, zusammenfassen und umformulieren, aber nicht beurteilen.“ Das sei eben eine menschliche Leistung, die eine Maschine so nicht leisten könne.

Die Analysen und Interpretationen, die ChatGPT an Woyzeck vornimmt, sollen dann von den Schülerinnen und Schülern wiederum analysiert und kritisiert werden. So sollen sie einerseits ihre analytischen Fähigkeiten schärfen und gleichzeitig verstehen, wie diese neuen Text-KI-Tools funktionieren, was sie leisten können, was nicht und wo ChatGPT sogar Fehler macht.

Auch zur Schummelgefahr durch Schülerinnen und Schüler gab es Input von den Expertinnen und Experten der RUB. Ihr Fazit: Ein gutes Plagiat erkenne man nicht. Auch rechtlich sei ein mit KI erstellter Text kein Plagiat, so Referent Matthias Kostrzewa.

Verena Verspohl zieht daraus die Schlüsse, dass es keinen Zweck haben werde, nun als Lehrer zum großen Plagiatsjäger zu werden. Man müsse stattdessen konstruktiv mit den neuen Möglichkeiten umgehen. So werde wohl die Relevanz von mündlichen Prüfungsformen zunehmen, sodass Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse erklären, statt nur abzuliefern.

Lehren und Lernen grundsätzlich verändern

Das Thema sei mit diesem Tag noch lange nicht abgeschlossen, im Gegenteil. Jetzt gehe es darum, sich in die Praxis hineinzufuchsen. KI werde in den nächsten Jahren an Relevanz noch gewinnen und sich gleichzeitig stetig entwickeln und verändern, so die Einschätzung Verspohls.

Die große Gedankenlinie, die Verena Verspohl aus dem Tag mitnimmt, ist, dass sich in den nächsten Jahren grundlegend ändern könnte, was Wissen, Lehren und Lernen bedeutet. Das gelte für die Arbeitswelt, auf die die Schule ihre Schützlinge ja vorbereiten soll, und damit auch für den Schulunterricht selbst.

Die Zeiten, in denen Schule das Hineinschütten von Wissen wie durch einen Trichter in die Köpfe der Kinder bedeutete, sind ohnehin schon etwas länger vorbei. In Zukunft werde es noch irrelevanter werden, viel Wissen anzuhäufen und stattdessen an Relevanz gewinnen, kreativ und kollaborativ Fragen zu stellen und damit das immense digital vorliegende Wissen wirksam anzapfen zu können. „Wir dürfen uns nicht von der Digitalisierung treiben lassen, sondern müssen sie beherrschen und nutzen“, fasst Verena Verspohl zusammen.

(Hellweger Anzeiger, vom 25.10.23)

digitales Lernen, Digitalisierung, Lehrerfortbildung
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