Von dieser Frage an die Schülerinnen und Schüler des 11. Jahrgangs ging die Veranstaltung mit der chilenischen Buchillustratorin Francisca Yanez gestern in der GSF aus. Ihr neuestes Werk ist eine Neu-Interpretation des Tagebuchs der Anne Frank.
Frau Yanez erzählt, wie sie auf das Thema gekommen ist: Sie sah Fotos von verlassenen Koffern – mit den Namen der Familien beschriftet – aus einem Konzentrationslager der NS-Zeit. Frau Yanez selbst war als kleines Mädchen mit ihrer Familie vor der Militärdiktatur in Chile geflüchtet. Sie konnte nur ihr kleines Köfferchen mitnehmen. Ihr größter Schatz war damals ihre Sammlung Glanzbilder, die sie folgerichtig bis nach Deutschland begleitete. Der Bezug zur Situation heutiger Flüchtlinge wird deutlich: Auch sie müssen alles hinter sich lassen und können nur das Wichtigste in ihrem Gepäck mitnehmen.
Die Illustrationen des Buches haben als roten Faden die Idee, sich immer wieder auf niederländische Künstler zu beziehen. So wird in einer Illustration, die Anne am Fenster des Verstecks zeigt, van Goghs “Sternennacht” zitiert. Eine Bilderwand, vor der Anne steht, greift die rechtwinkligen Konstruktionen Piet Mondrians auf. Die Farben der Illustrationen wiederum sind angelehnt an die des Anne-Frank-Hauses in der Prinsengracht in Amsterdam.
Wie kommt man nun dazu, als Illustratorin zu arbeiten? Frau Yanez gibt eine eindeutige Antwort: Auf ihren vielen Reisen nach der Flucht aus Chile – Dortmund war nur die erste Station – musste sie als damals kleines Mädchen beschäftigt werden. Ihre Mutter hatte darum immer Papier und Bunststifte bereit. Später wurde Frau Yanez klar, dass sie sich gerne beruflich mit Kunst, aber auch mit Büchern beschäftigen wollte. So ergab sich nach einem Kunststudium dieser Beruf, der beide Interessen ideal verbindet.
„Es ist ein Wunder, dass ich nicht alle Erwartungen aufgegeben habe, denn sie scheinen absurd und unausführbar. Trotzdem halte ich an ihnen fest, trotz allem, weil ich noch immer an das innere Gute im Menschen glaube“. Diese Sätze schrieb Anne Frank kurz bevor sie ihn ihrem Versteck verhaftet wurde. Frau Yanez erlebte als Kind, wie ein Dortmunder Ehepaar ihrer Familie eines der beiden Zimmer in der kleinen Wohnung zur Verfügung stellte. Heute engagieren sich Menschen überall, um Flüchtlinge willkommen zu heißen und ihre Ankunft so positiv wie möglich zu gestalten.
Frau Yanez hat ihre persönliche Beziehung zu Deutschland bis heute behalten. Sie lebt zwar wieder in Chile, aber sie versucht, immer wieder Zeit in Dortmund zu verbrigen.
So endet die Veranstaltung auf einer sehr nachdenklichen, aber positiven Note.