Die Ausbildungsmesse „Backstage“ in Fröndenberg kennt viele Gewinner. Und dennoch gibt’s Verbesserungsbedarf.
Die Gesamtschule Fröndenberg (GSF) hat sich am Dienstag zum dritten Mal in die Ausbildungsbörse „Backstage“ verwandelt. Wie war’s? Wir zeigen sechs Blickwinkel.
Die Schüler
Patrizia Bernais kommt gerade vom Stand der Barmer, eine Mappe mit Laufzettel unterm Arm. Die Krankenkasse war die vierte Anlaufstation der 14-jährigen Neuntklässlerin. Zuvor war sie bei AOK, Lidl und Niehaves. Die Gesamtschülerin ist zufrieden mit dem, was ihre Gesprächspartner zu sagen hatten. Eine Entscheidung indes liegt noch in weiter Ferne. „Ich will“, sagt Patrizia, „auf jeden Fall Abi machen.“
Die Arbeitgeber
Angelika Bruns ist das Gesicht der Barmer. Sie führt die Erstgespräche. Die jungen Interessenten kommen in Wellen. Mal ist viel los an ihrem Stand, mal wenig. Messe-Routine. Wie sie die jungen Leute erlebt? „Gemischt“, entgegnet Angelika Bruns, „manche sind sehr interessiert, manche wollen nur die Unterschrift für den Laufzettel.“ Den Zeitpunkt der Ausbildungsbörse findet sie unglücklich gewählt. „Jetzt sind viele Ausbildungsplätze für 2018 schon besetzt“, sagt die Dame von der Krankenkasse, „für eine Ausbildungsmesse wäre das Frühjahr besser.“
Die Schule
Schulleiter Klaus de Vries und sein Vize Hubert Witte haben Augen und Ohren überall, wollen wissen, wie’s läuft. Das Kollegium hat die Schüler auf die Messe zur Berufsorientierung vorbereitet. Workshops stehen an. Außerdem treffen sich Personaler und potenzielle Azubis – ganz zeitgeistig – zum Speeddating. Das sind Mini-Bewerbungsgespräche. „Die Zusammenarbeit mit der Stadt lief hervorragend“, lobt de Vries. Den eigenen Anteil erledigte das GSF-Team, wie Witte betont, „nebenbei“.
Der Bürgermeister
Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Rebbe hat sich viel Zeit genommen. Offiziell startete die Messe mit einem Rundgang der Veranstalter. Neben der Stadt gehören Hausherr Gesamtschule, Jobcenter Kreis Unna und Arbeitsagentur Hamm dazu. Für die Organisation findet Rebbe nur ein Wort: „Super.“ Der Bürgermeister absolviert in der Gesamtschule erst die Pflicht und dann die Kür. Mit gutem Grund: Die Stadt ist nicht nur Mitveranstalter. Sie präsentiert sich auch als Arbeitgeber.
Die Wirtschaftförderin
Anna Wehrmann wirkt entspannt. Die Wirtschaftsförderin organisiert „Backstage“ zum dritten Mal. Ansprechpartner sind bekannt, Abläufe klar. Wehrmann freut sich erklärtermaßen über die zunehmende „Routine“. Die Kooperation mit den Mitveranstaltern funktioniert. Zugleich hat sie am Morgen erlebt, dass Messen oft Wundertüten sind. Ursprünglich wollten 39 heimische Unternehmen teilnehmen. Angekündigt wurden 36. Gekommen sind 30. „Es gab am Vorabend kurzfristige Absagen“, sagt Wehrmann achselzuckend, „wegen Krankheitsfällen. Die Metzgerei Rafalzik, beispielsweise, hat mir gesagt, wenn wir kommen, müssen wir den Laden schließen.“
Kommunalpolitiker zeigen Interesse. Aber auch ein Bundestagsabgeordneter sieht sich um: Oliver Kaczmarek. Sicher, der Sozialdemokrat macht Wahlkampf. Aber: Er ist vom Fach. „Wir haben im Kreis Unna eine Unterdeckung. Auf 100 Bewerber kommen 60 bis 70 Ausbildungsplätze“, beklagt Kaczmarek. Er fordert Betriebe zur Ausbildung auf – und ein Ende befristeter Verträge. Zugleich hat Kaczmarek eine Botschaft für Schulabgänger: „Ein Studium garantiert keinen tollen Job – und im Handwerk gibt es gute Chancen.“
>> KOMMENTAR: STARKE MESSE ZUM FALSCHEN ZEITPUNKT
Die Ausbildungsbörse „Backstage“ kennt viele Gewinner: Schüler, Arbeitgeber, Veranstalter. Das Konzept bietet Lebenshilfe pur. Die Organisation ist klasse.
Nur der Zeitpunkt der Messe kann verbessert werden. Für Bewerbungen ist das Frühjahr perfekt.
(Westfalenpost vom 19.09.2017)