Wenn die Oma mit der Fernbedienung kegelt

 

Senioren spielen im Fröndenberger Schmallenbachhaus mit Neutklässlern Nintendo Wii.

Fürs Kegeln legt Margarete Willecke gern das blaue Strickzeug zur Seite. Denn mit Kugeln konnte die 88-Jährige schon immer gut. Auch mit virtuellen. Das hat die Seniorin auf der Wii-Konsole gezeigt.

Im Fach „Erziehung und Gesellschaft“ haben die Schüler zuvor eine klar verständliche Anleitung für das Computerspiel geschrieben und sich auch mit den veränderten Spielgewohnheiten der Jugend von heute und früher befasst. Dazu haben sie auch immer wieder den Kontakt zu den Senioren im Schmallenbachhaus gesucht. „Wir kennen das ja bislang nur aus Büchern. Es ist schon spannend, wenn uns die Senioren davon erzählen, wie es früher war“, sagt Yvonne Dörenthal (14). Celina Matterscheid (14): „Eigentlich hatte die Jugend es früher besser. Die waren viel mehr draußen und haben sich immer viel mehr bewegt.“

Als Edith Droste (83) 14 Jahre alt war, hat sie am liebsten gebastelt. „So etwas hier“, sagt die Seniorin und zieht zwei Kladden hervor. Die hat sie damals selbst gemacht. Aus alten Gürteln, ausgedienten Röntgenplatten und Tapetenschnipseln. „Das ist es, die alten Sachen weiß ich noch alle. Aber die neuen? Das ist alles schwer für mich zu behalten“, sagt Edith Droste. Die Wii-Konsole probiert die 83-Jährige dennoch gern aus.

„Das ist ein Projekt für beide Seiten“, erklärt Helga Velmer vom Sozialen Dienst. Die Jugendlichen lernen von den Senioren und andersherum. Jeden Montag dürfen die Bewohner nun auf der Wii spielen. Dann muss auch das Strickzeug von Margarete Willecke wieder warten.

[Der Westen, vom 08.10.2010]
Die Neuntklässler und Lehrerin Nicole Vortmann (hinten, 4.v.l.) präsentieren stolz die selbst erstellte Bedienungsanleitung für die Senioren.
Die Neuntklässler und Lehrerin Nicole Vortmann (hinten, 4.v.l.) präsentieren stolz die selbst erstellte Bedienungsanleitung für die Senioren.

Voll konzentriert blickt Margarete Willecke auf den Flachbildschirm an der Wand. In der Hand hält sie fest umklammert eine Fernbedienung. Dann holt sie mit dem rechten Arm Schwung und drückt auf einen Knopf. Prompt setzt sich auf dem Bildschirm eine Kugel in Bewegung.
Es erinnert an Kegeln, was die 88-Jährige gerade macht. Nur, dass es weder echte Kugeln noch echte Kegel gibt. Margarete Willecke kegelt mit der Spielkonsole „Wii“.

Und die alte Dame ist nicht allein. Neben ihr steht der 15-jährige Pascal, erklärt und gibt Hilfestellung. Mit seiner Klasse aus dem 9. Jahrgang der Gesamtschule ist er gestern zum wiederholten Male zu Gast im Schmallenbachhaus. „Spiele früher und heute“ heißt das ungewöhnliche Projekt, das Jung und Alt seit einigen Wochen immer wieder zusammenbringt.

Im Erziehungs- und Gesellschaftsunterricht beschäftigen sich die Schüler von Lehrerin Nicole Vortmann mit der Frage, wie sich das Spielen seit den 20er- und 30er-Jahren bis heute verändert hat. Sie haben einen Fragebogen erarbeitet und die Bewohner interviewt. Und die hatten viel zu erzählen. „Es gab früher viel weniger Spielmöglichkeiten“, hat etwa die 14-jährige Celina gelernt. Es habe sie beeindruckt, dass die heutigen Senioren trotzdem ständig draußen waren – und sich viele Spiele selbst ausdachten. „Die haben sich viel mehr bewegt, das war besser als heute“, pflichtet ihr die ebenfalls 14-jährige Yvonne bei.
[Hellweger Anzeiger, vom 08.10.2010]

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